Kinder etwas machen, die nicht so viel Glück hatten.“ Es war die mit Abstand bewegendste Mail jenes Tages. Denn Thomas Hühler hatte na- hezu wortwörtlich dieselben Motive geschil- dert, die mich zehn Jahre zuvor dazu bewegt hatten, die Stiftung Auswege ins Leben zu ru- fen. Mit dem „Herzensfonds“ möchten Sie kran- ken Kindern helfen. Wie kamen Sie dazu? Aus persönlicher Betroffenheit? Nein, eigentlich nicht. Das ist seit frühester Jugend mein Lebenstraum. Ich kann gar nicht genau sagen, wie und woher er kam, er war ein- fach schon immer da, seit ich denken kann. Es ist mir ein tiefes persönliches Anliegen, Men- schen zu helfen, die unverschuldet in schwere Notlagen geraten sind. Besonders liegen mir Kinder am Herzen. Wir haben selbst zwei ge- sunde Kinder, und allein der Gedanke daran, dass dies nicht so wäre, ist unerträglich. Es gibt aber viele Eltern, die dieses Glück nicht haben. Dazu kommt, dass ich mich in den letzten Jahren aus persönlichem Interesse viel mit me- dizinischen Themen beschäftigt habe. Dabei ist mir klargeworden, dass es auch neben der klas- sischen Schulmedizin großartige Möglichkeiten gibt, Krankheiten zu heilen und Menschen zu helfen. Die Schulmedizin hat Großartiges ge- leistet. Aber man könnte so viel mehr errei- chen, wenn man schulmedizinische Behand- lungen mit den Möglichkeiten der Natur- und Erfahrungsheilkunde verbinden würde. Damit auch kranke Kinder davon profitieren können, habe ich den Fonds ins Leben gerufen. Viele Mediziner sehen das anders ... ... aus Gründen, die mir unerfindlich sind. Meines Erachtens ist unser heutiges Gesund- heitssystem zu stark kommerziell geprägt und gesteuert. Die „wissenschaftliche“ Medizin konzentriert sich im Wesentlichen darauf, Sym- ptome zu behandeln und zu lindern, statt die Ursachen anzugehen. Letztlich geht es allzu sehr darum, Geld zu verdienen und Aktionäre zufrieden zu stellen. Deshalb hat ein ganzer In- dustriezweig kein Interesse an der Einbindung natürlicher Heilmethoden, weil sie einfach kei- nen Profit bringen und teilweise in Konkurrenz zu pharmazeutischen Produkten stehen. Ihr Fonds soll erfolgversprechende Behand- lungen mit „komplementären“ Heilwei- sen ermöglichen, wenn die Schulmedizin an Grenzen stößt. Woher nehmen Sie die Delphin-Netzwerk – Ausgabe 01 | 2022 Zuversicht, dass Erfolge in solchen Fällen überhaupt zu erwarten sind? Befürchten Sie nicht, dass der Fonds viel Geld für wir- kungslose Pseudokuren verbrennen wird, für die es keine wissenschaftliche Evidenz- basis gibt, wie Kritiker bemängeln? Ja was ist denn die Alternative? Es ist doch eine Tatsache, dass die klassische Schulmedizin insbesondere einen Großteil der chronischen Erkrankungen nicht heilen kann. Auf der an- deren Seite gibt es teilweise jahrhundertelange gute Erfahrungen mit natürlichen Mitteln und Verfahren. Also was habe ich denn als Patient zu verlieren, wenn ich einen anderen Weg gehe? Natürlich kann es sein, dass auch die Kom- plementärmedizin keine Heilung vollbringt, aber einen Versuch ist es doch allemal wert. Und die praktische Erfahrung zeigt, dass es er- staunlich oft funktioniert. Oft genug? Die große Kunst besteht darin, die richtige Therapie und einen erstklassigen Therapeuten zu finden. Das kann durchaus eine Weile dau- ern. Aber dann stehen die Chancen gut. Wenn ich persönlich wählen müsste zwischen einer „evidenzbasierten“ Methode mit Chemiekeule inklusive Nebenwirkungen und einer natürli- chen Methode, wo oft einfach die Erfahrung zeigt, dass sie funktioniert, dann fiele mir die Wahl nicht schwer. Und über den Begriff „evi- denzbasiert“ kann man ohnehin trefflich strei- ten … Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung? Ich bin kein Mediziner oder Naturwissen- schaftler. Aus persönlichem Interesse habe ich mich autodidaktisch viel mit medizini- schen Themen beschäftigt. Natürlich gab es im Kreise der Familie auch immer mal wieder Si- tuationen bzw. Erkrankungen, wo ich mit den Ergebnissen und Ansätzen der Schulmedizin unzufrieden war, z. B. bei Allergien. Auch finde ich, dass Antibiotika gerade bei Kindern meist viel zu früh und viel zu oft eingesetzt werden. Ich habe viel gelesen und dann einfach vieles ausprobiert. Es war der klassische Weg von Versuch und Irrtum. Natürlich hat nicht alles funktio- niert, aber einige Dinge sehr wohl. Ich finde es fahrlässig, auf bewährte Mittel aus der Na- tur zu verzichten, nur weil Pharmakonzern XY sagt, sein Mittel wirke besser, obwohl es dafür keinen Beweis gibt und die Praxis anders aus- sieht. VON HERZEN HELFEN Um ein krankes Kind mit homöopathi- schen Globuli zu versorgen, dürften ein paar Euro pro Monat genügen. Aber man- che „alternativen“ Therapien verschlingen vierstellige Summen, gelegentlich sogar noch mehr. Woher nimmt Ihr Fonds die nö- tigen Mittel? Meine Frau und ich werden die finanzielle Erstausstattung des Fonds aus eigener Tasche vornehmen. Im vergangenen Jahr sind wir beide Vierzig geworden. Für die gemeinsame Geburtstagsfeier haben wir um Geldgeschenke gebeten. Am Abend der Feier haben wir un- seren rund fünfzig Gästen unsere Idee eines Hilfsfonds vorgestellt und versprochen, dass von den Geldgeschenken jeder Euro Kindern in Not zugute kommen wird. So kamen immerhin 1.200 Euro zusam- men. Zusätzlich hatten wir auf einen Schlag fünfzig Freunde und Verwandte mit im Boot. Das anschließende Feedback darauf war sehr positiv, viele haben uns ihre Unterstützung an- geboten, sobald es losgeht. Wir hoffen, dass der eine oder andere zum Start des Fonds ebenfalls noch etwas beisteuert. Wir werden auch noch selbst etwas drauf- legen. Mit dem dann vorhandenen Startkapital werden wir erst einmal klein beginnen und die ersten Hilfsprojekte für Kinder mit schweren Schicksalen starten. Alles andere wird sich fin- den. Je mehr und je effizienter wir helfen, desto einfacher dürfte es anschließend sein, weitere Hilfe, also auch Spenden zu gewinnen. Befürchten Sie nicht, dass der „Herzens- fonds“ von Hilfegesuchen überschwemmt wird, sobald sich herumspricht, dass es ihn gibt? Das kann natürlich passieren, aber das Risiko müssen wir eingehen. Natürlich sind die Mittel des Fonds begrenzt. Ich selbst kann nur eine Starthilfe geben und dann beginnen, Kindern zu helfen. Danach hoffe ich, dass es genug Menschen gibt, die bereit sind, für diese gute Sache zu spenden, damit wir den Fonds immer wieder auffüllen und weiterhelfen können. Ihr Fonds hilft nur bei erwiesener Bedürf- tigkeit. Wie stellen Sie die denn fest? Ähnlich wie andere karitative Einrichtungen: Mit einem Antragsformular, das Hilfesuchende ausfüllen. Dass ihre Angaben zutreffen, bele- gen sie uns durch Einkommens- und Vermö- gensnachweise. 1919