titel interview mit werner degenhardt „die angst macht ni c angst vor dem internet? das muss nicht der schlechteste ansatz sein, der komplexi- tät von informationstechnik zu begegnen, findet der psychologe werner degenhardt. allerdings sollte angst auch im handeln etwas bewirken. ein interview über die psy- chologie von it-sicherheit und die notwendigkeit, sich zu sensibilisieren. der eindruck ist, dass cyber-angriffe immer perfider werden, in- formationstechnik immer verletzlicher wird. was macht das mit uns? in dem blog „kroker’s look @it“ in der wirtschaftswoche vom 28. juni 2017 lesen wir folgende überschrift: „trotz wannacry, pe- tya & co: die sicherheitsbedenken der deutschen sind gesunken“. der beitrag bezieht sich auf den uni- sys security index, der seit 2007 in einer repräsentativen verbrauche- rumfrage erhoben wird. danach ist deutschland das einzige der 13 befragten länder, in dem die sicherheitsbedenken seit 2014 zurückgegangen sind. die „german angst“ ist also derzeit nicht das phänomen, in dem die deutschen international punkten können. unter den abgefragten ängsten ist die internet-sicherheit allerdings immer noch die größte. eine an- dere länderübergreifende studie, über die der harvard business re- view im mai berichtete, stellt im einklang damit fest, dass niemand mehr angst um seine daten im internet hat als die deutschen. nachdenken, richtig handeln, nicht verkrampft sein. mit einem überdurchschnitt- lichen technischen verständ- nis nicht verstehen kann, was da draußen vor sich geht. das menschliche gehirn hat unge- fähr 100 millionen nervenzel- len und 100 billionen synapsen, die nervenzellen untereinander verknüpfen. das ist so komplex, dass der anthropologe und bio- loge lyall watson meinte: „wenn das gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir so einfach, dass wir es nicht könnten.“ der adressraum von ipv6 (in- ternet protocol version 6) kann 2128, ungefähr 340 sextillionen, einheiten mit internetadressen versehen, die alle untereinander verknüpft sein können. das ist eine unvorstellbar große zahl, viel größer noch als 340 sextil- lionen. die folgen der dadurch entstehenden komplexität kön- nen wir weder verstehen noch vorhersagen. einerseits misstrauen die men- schen staat und wirtschaft, wenn es um den umgang mit ihren daten geht. andererseits werner degenhardt ist akademischer direktor der fakultät für psycho- logie und pädagogik an der ludwig-maximilians- universität in münchen. seine forschungsschwer- punkte sind human factors in der informa- tionssicherheit, soziale beziehungen im online- bereich und human computer interaction. er engagiert sich in kam- pagnen zur stärkung der „human firewall“. 14 die deutschen nutzen das internet aber genauso wie die menschen aller anderen nationen. sie zeichnen sich im internationalen ver- gleich nur durch eines aus: sie wissen am wenigsten darüber, wel- che daten online-dienste sammeln und was sie damit machen. das heißt, die angst ist da. aber was macht sie mit den menschen? nichts! die ergebnisse der umfragen lesen sich für mich wie ein ruf nach intensiven und flächendeckenden bemühungen um „awa- reness“ und training im umgang mit it-technologie und daten in schulen, unternehmen und öffentlichen organisationen. kann man denn mit durchschnittlichem technischen verständnis überhaupt noch die kontrolle über die von uns genutzte technik haben? eine ähnliche frage wurde klaus luft, chief executive officer bei nixdorf, ende der 1980er jahre gestellt. er meinte damals: „kein mensch kann sich heute noch alles wissen aneignen, das nötig ist, die moderne informationstechnik zu verstehen. dazu haben wir das problem noch nicht gelöst, dass das wissen schneller veraltet, als wir es vergessen können.“ klaus luft meint damit, dass man auch