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kontinenz-aktuell - Ausgabe 01-2015

kontinenz aktuell März/20156 Originalarbeit Das metabolische Syndrom ist cha- rakterisiert durch die Kombination einer abdominellen Adipositas, arteriellen Hypertonie, eines ge- störten Fettstoffwechsels, einer pa- thologischen Insulinresistenz be- ziehungsweise eines manifesten Typ-2-Diabetes mellitus. Nach der aktuellen Definition liegt ein meta- bolisches Syndrom dann vor, wenn drei der fünf in Tabelle 1 ge- nannten Faktoren vorliegen. Das metabolische Syndrom betrifft vor allem die „reichen“ westlichen Industriestaaten und erklärt sich durch eine jahrelange Überernäh- rung in Kombination mit einem Be- wegungsmangel. Dieses führt zu einer peripheren Insulinresistenz, die die Bauchspeicheldrüse vorü- bergehend durch eine vermehrte Insulinproduktion ausgleicht. In ei- nem circulus vitiosus führen chro- nisch erhöhte Insulinspiegel jedoch zu einem Wirkverlust des Hor- mons, bis die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage ist, ausrei- chend Insulin zu produzieren und damit ein manifester Diabetes mel- litus Typ 2 entstanden ist. Eine zen- trale Rolle in diesem Geschehen spielt das viszerale, intraabdomi- nelle Fettgewebe. Es ist hormonak- tiv: Unabhängig von der Kontrolle durch Insulin werden entzündungs- fördernde Mediatoren wie TNF- und Interleukine sezerniert, gleich- zeitig sinkt die Konzentration ent- zündungshemmender, anti-athero- gener und insulinsensitivierender Hormone wie Adiponektin. Die Freisetzung unveresterter Fettsäu- ren aus dem viszeralen Fettgewe- be reduziert die Insulinwirkung an Muskel- und Leberzellen, sodass eine ungehemmte Glycogenolyse und Gluconeogenese die Stoff- wechsellage zusätzlich verschlim- mert. Es entsteht ein ungesundes Verhältnis aus niedrigen HDL- (High-Density-Lipoprotein-) und ho- hen LDL-(Low-Density-Lipoprotein-) Fetten, das die Arteriosklerose för- dert. Die epidemiologische Bedeutung des metabolischen Syndroms mit seinen medizinischen und ökono- mischen Folgen wurde aktuell durch die Daten der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS)“ verdeutlicht (2). Die hier ermittelte Prävalenz des Typ-2-Diabetes von rund sie- ben Prozent bedeutet, hochgerech- net auf Deutschland, rund 4,6 Mil- lionen Betroffene; der Anteil der Patienten mit metabolischem Syn- drom wird dabei auf noch einmal doppelt so hoch geschätzt (Tab. 2). Die genannten Phänomene wie die Insulinresistenz, die Adiposi- tas, der arterielle Hypertonus und die Fettstoffwechselstörung zählen zu den Risikofaktoren für die Arte- riosklerose und koronare Herz- krankheit sowie die Diabetes-Kom- plikationen und betreffen damit auch den Urogenital-Trakt. Für die Diabetes-bedingten Störungen des Harntrakts wurde der Begriff „dia- betische Zystopathie“ von Frimodt- Möller 1976 eingeführt (3–5). Mit dieser Definition wurde in erster Linie an die sensomotorische Störung des Detrusors mit abge- schwächtem Harndrang, erschwer- ter Miktion und Restharnbildung bis hin zu einer Überlaufinkontinenz gedacht. Heute wissen wir aus urodynamischen Untersuchungen, dass weitere Blasenfunktionsstö- rungen eine ebenfalls wichtige oder sogar bedeutsamere Rolle beim Diabetiker spielen (6, 7). So wird die überaktive Blase noch häufiger als die Detrusorhypotonie oder -atonie gesehen. Epidemiolo- gische Daten legten Lifford und Mitarbeiter aus der „Nurses Health Study“ 2005 vor (8). 1996 berichteten 17,6 Prozent der Tab. 1: Definition des metabolischen Syndroms (1) 1. Bauchumfang > 94 cm (europäische Männer) 2. Triglyceride > 150 mg/dl oder Behandlung 3. HDL-Cholesterin < 40 mg/dl oder Behandlung 4. arterieller Blutdruck > 130 mm Hg systolisch und/oder > 85 mm Hg diastolisch oder Behandlung 5. nüchtern Glucose > 100 mg/dl oder bekannter Diabetes Tab. 2: Ergebnisse der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland 2011“ (DEGS)* Übergewicht (BMI > 25) Adipositas (BMI > 30) Diabetes mellitus Sport (1 Stunde/Woche) depr. Syndrom (PHQ-9) diagnostiziertes Burnout BGS 1998  65,6 % 18,9 % 5,2 % 38,6 % – –  51,5 % 22,5 % 5,7 % 33,2 % – – DEGS 2011  67,1 % 23,3 % 7,0 % 51,7 % 6,1 % 3,3 %  53,0 % 23,9 % 7,4 % 49,5 % 10,2 % 5,2 % * verglichen mit dem „Bundesgesundheitssurvey 1998“ (BGS; http://www.rki.de/DE/Content/ Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/BGBL_2012_55_BM_Kurth.pdf?__blob=publicationFile)

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