Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

kontinenz-aktuell - Ausgabe 03-2014

kontinenz aktuell November/2014 17 Übersichtsarbeit standards existieren, liegt ein sol- cher Expertenstandard für chroni- sche Obstipation beziehungswei- se Stuhlinkontinenz nicht vor. Auch die vergangenes Jahr publizierte Leitlinie Chronische Obstipation geht auf die Problematik beim älte- ren, multimorbiden Patienten nicht ein. Auch die Trias Obstipation, Stuhlinkontinenz und Dranginkonti- nenz wird in dieser Leitlinie nicht angesprochen. In der Leitlinie fin- det sich sogar am Anfang der Satz „insgesamt ist die Studienlage zur Ätiologie und Pathophysiologie der Obstipation als spärlich und unbefriedigend einzustufen“ (Leitli- nie Chronische Obstipation 2013). Auch von medizinischer Seite beziehungsweise den Kran- kenkassen wird die chronische Obstipation nur unzureichend als ein für die Patienten oft relevantes Gesundheitsproblem akzeptiert. Als Beispiel dafür wird in der Leitli- nie Chronische Obstipation darauf hingewiesen, dass bis auf wenige Ausnahmen der etablierte und ef- fektive medikamentöse Therapie- ansatz in die Sparte der nicht-ver- schreibungsfähigen Selbstmedika- tion verbannt und quasi allein in die Hände der Apotheker überge- ben worden ist und aus der allge- meinen Erstattungsfähigkeit ge- nommen wurde. Lebensqualität Patienten mit chronischer Obstipa- tion haben bezüglich physischer und psychischer Aspekte eine schlechtere Lebensqualität als Kon- trollpersonen ohne Obstipation (Wald 2007, Müller-Lissner 2005, Speed, C. 2010). Untersuchungen bei Patienten mit chronischer Obs- tipation in Italien, Schweden und Frankreich zeigten eine signifikan- te Einschränkung der Lebensquali- tät und eine enge Verbindung mit Angststörungen und Depression (Nordhorn 2006). Dabei scheint die Einschränkung der Lebensqua- lität mit der Anzahl der Symptome zu korrelieren (Müller-Lissner 2005). Bei chronisch obstipierten Menschen ist die Beeinträchtigung der Lebensqualität mit der bei an- deren chronischen Erkrankungen zu vergleichen: Zum Beispiel Os- teoporose, Gelenksarthrose, chro- nische Allergien, Hypertonie, Dia- betes (Belsey 2010). Definition und Epidemiologie Eine chronische Obstipation liegt vor, wenn unbefriedigende Stuhl- entleerungen berichtet werden, die seit mindestens drei Monaten bestehen und mindestens zwei der genannten Leitsymptome aufwei- sen (Tab. 1). Eine große Diskrepanz besteht zwischen subjektiv berichteter Obstipation und einer solchen Leit- linien-Definition. Die Folge ist eine große Variabilität hinsichtlich der berichteten Prävalenz. Bei der Obstipation handelt es sich um eine häufig auftretende Er- krankung des Verdauungstraktes, die alle Altersgruppen betreffen kann (Belsey 2010, Clinical Knowledge 2013), deren Präva- lenz aber deutlich mit dem Alter zunimmt (Peppas 2008, Talley 2004, Potter 2005). In Europa und den USA betrifft Obstipation etwa 16 bis 17 Prozent der Er- wachsenen (Peppas 2008, Ameri- can Gastroenterological 2013). Obstipation ist bei Frauen häufi- ger als bei Männern: Das Ge- schlechterverhältnis beträgt circa zwei zu eins. Mit zunehmendem Alter tritt Obstipation häufiger auf. Nach amerikanischen Untersu- chungen ist bei den über 60-Jähri- gen einer von dreien von chroni- scher Obstipation betroffen (Ame- rican Gastroenterological 2013). Besonders häufig findet sich chro- nische Obstipation bei pflegebe- dürftigen Heimbewohnern. Hier werden in der Literatur Zahlen bis zu 80 Prozent Betroffener berichtet Tab. 1: Definition der chronischen Obstipation (Leitlinie Chronische Obstipation 2013) • starkes Pressen • klumpiger oder harter Stuhl • subjektiv unvollständige Entleerung • subjektive Obstruktion oder manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation • weniger als drei Stühle pro Woche Abb. 1 Krankenhausaufnahmen mit chronischer Obstipation in England 2011 12 000 10 000 8 000 6 000 4 000 2 000 0 0–9 10–17 18–24 25–34 35–44 45–54 55–64 65–74 75–84 85+ KrankenhausaufnahmenwegenObstipation Alter

Seitenübersicht