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kontinenz-aktuell - Ausgabe 03-2014

kontinenz aktuell November/2014 7 Originalarbeit kontraktilität mit Anticholinergika gedämpft, die wiederum zumin- dest teilweise auch im ZNS anflu- ten. Weitgehend unbekannt ist, dass Antidementiva aus der Reihe der Cholin-Esterase-Hemmer natür- lich als Parasympathomimetika Symptome einer überaktiven Blase verschlimmern können. Dieser Ef- fekt lässt sich sogar statistisch si- chern: Patienten mit Demenz neh- men doppelt so häufig Anticholi- nergika für die Blase, wenn sie auf Cholin-Esterase-Hemmer eingestellt sind (31). Andersherum kann eine anticholinerge Medikation fern des ZNS auch die Kognition ver- ändern: So führt ein hoher Serum- Anticholinergika-Spiegel bei Alz- heimer-Patienten zu einer weiteren Verschlechterung der Kognition (32). Die Dimension des Problems wird dann deutlich, wenn berück- sichtigt wird, dass viele primär nicht als anticholinerg wirksame Substanzen eine schwache anti- cholinerge Wirkung besitzen, die sich addieren kann (33; 34). So hat zum Beispiel auch Furosemid oder Theophyllin eine schwache anticholinerge Wirkung; bei Cime- tidin und Cortison reicht diese an die anticholinerge Potenz von Atropin heran. Wie ausgeprägt ei- ne solche anticholinerge Wirkung sein kann, sei am Beispiel von Tra- madol erläutert: Wird Tramadol bei Patienten mit urodynamisch be- stätigter OAB eingesetzt, sind die therapeutischen Effekte denen ei- nes für diese Indikation zugelasse- nen Anticholinergikums vergleich- bar (35). So war es Ziel einer Pilotstudie in einer urologischen Praxis, erstmals Patienten mit einer überaktiven Blase (definiert in Anlehnung an die Definition der International Continence Society als Vorhanden- sein einer Symptomatik aus Polla- kisurie, Nykturie, imperativem Harndrang mit und ohne Drangin- kontinenz [36]) mit einem geriatri- schen Assessment, das die kogniti- ve Leistungsfähigkeit erfasst, zu un- tersuchen. In Ergänzung sollte überprüft werden, ob es innerhalb der Gruppe der zur Behandlung der überaktiven Blase zugelasse- nen Substanzen Unterschiede gibt: Während alle Anticholinergika aus der Gruppe der tertiären Ami- ne (Darifenacin, Fesoterodin, Pro- piverin, Oxybutynin, Tolterodin und Solifenacin) als lipophile Sub- stanzen ZNS-gängig sind und so- mit potenziell ZNS-Nebenwirkun- gen auslösen können, verhält sich das einzige auf dem Markt befind- liche quartäre Amin Trospiumchlo- rid hydrophil. Es wird aktiv durch ein Transportersystem aus dem ZNS eliminiert und erscheint oral oder intravenös gegeben nur in Spuren im ZNS (37). Patienten und Methode So wurden 20 konsekutive Patien- ten mit der Diagnose überaktive Blase in der Definition der Interna- tional Continence Society von 2003 (36) mit dem „Mini-Mental State Examination“ (MMSE) (38) als besonders einfach durchzufüh- render Demenztest, welcher zwei der drei zentralen Demenz-Diag- nosekriterien erfasst (Gedächtnis- störungen, Beeinträchtigung min- destens einer weiteren kognitiven Funktion), untersucht. Auf einer Skala von null bis 30 besteht bei 30 eine uneingeschränkte und bei null eine schwerst möglich beein- trächtigte Kognition. Unter 23 Punkten liegt eine weiter abklä- rungsbedürftige Beeinträchtigung vor. Zusätzlich wurde der TFDD, der „Test zur Früherkennung von Demenzen und Depressionsab- grenzung“, der ebenfalls als einfa- ches Instrument für die Praxis ge- Tab. 1: Substanzen mit anticholinerger (Neben-)Wirkung Stoffgruppe Antiemetika Parkinsonmittel Gastrointestinale Sekretionshemmer Urologische Spasmolytika Bronchodilatatoren Mydriatika Präoperative Medikation Antiarrhythmika Antihistaminika (Sedativa) Ulcusmedikamente Antipsychotika Analgetika Benzodiazepine Vertreter Demenhydrinat, Promethazin, Scopolamin Benzatropin, Biperiden, Metixen Butylscopolamin, Pirenzepin Oxybutynin... Ipatropium, Tiotropium, Aclidiniumbromid Atropin, Scopolamin, Tropicamid Atropin Chinidin, Procainamid Promethezin, Cetirizin Cimetidin, Ranitidin Chlorpromazin, Clozapin, Olanzapin Tramadol, Fentanyl, Morphin... Diazepam, Tetrazepam

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